17. Oktober 1904, Langenau/D – 23. August 1988, Leiferde/D
Persönlicher Werdegang:
Sohn eines Erziehers; besuchte bis 1918 die katholische Volksschule in Wehlau; nach der Tischlerlehre als Geselle tätig; seit 1934 als Pförtner in einem Erziehungsheim tätig; anschließend Pfleger in einer Pflegeanstalt; ab 1938 in einem Zuchthaus; nach 1945 in US-amerikanischer Kriegsgefangenschaft; von der Lagerspruchkammer zu dreieinhalb Jahren Arbeitslager verurteilt; nach der Entlassung 1948 als Tischler tätig.
Funktionen während des NS-Regimes:
Mitglied der NSDAP und Angehöriger der Allgemeinen SS seit 1932; seit August 1939 Angehöriger der SS-Verfügungstruppen; im KZ Auschwitz in der Abteilung Standortarzt (Abt. V); Leiter des SS-Desinfektionskommandos, SS-Sanitätsdienstgrad im Häftlingskrankenbau in Auschwitz-Stammlager sowie in den Außenlagern Gleiwitz I bis IV; Angehöriger der SS-Mannschaft vom 16. September 1941 bis zur Evakuierung; letzter Dienstgrad: SS-Oberscharführer.
Zur Zeit der Verhandlung:
59 Jahre, verheiratet, zwei Kinder.
Untersuchungshaft seit September 1960. Josef Klehr wurde wegen Mordes in mindestens 475 Fällen und gemeinschaftlicher Beihilfe zum gemeinschaftlichen Mord in mindestens sechs Fällen zu lebenslangem Zuchthaus und 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Am 25. Januar 1988 wurde die Strafvollstreckung wegen Vollzugsuntauglichkeit ausgesetzt und am 10. Juni 1988 der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt.
Portrait
Josef Klehr
(17. Oktober 1904, Langenau/Oberschlesien – 23. August 1988, Leiferde, Krs. Gifhorn)
Klehr, Sohn eines Erziehers, machte nach der Volkschule im schlesischen Wohlau unweit von Breslau eine Tischlerlehre, legte 1921 die Gesellenprüfung ab und arbeitete in seinem Beruf. Tätigkeiten als Pförtner, Pfleger und Hilfswachtmeister im Zuchthaus von Wohlau schlossen sich an. Ende 1932 trat Klehr der Allgemeinen SS bei, machte Militärübungen bei der Wehrmacht und erhielt eine Ausbildung zum Sanitäter. Kurz vor Kriegsbeginn wurde er zur Waffen-SS eingezogen. Wachdienst im Konzentrationslager Buchenwald und in der Funktion eines Sanitätsdienstgrads (SDG) Arbeit im Häftlingskrankenbau und im SS-Revier des Konzentrationslagers Dachau waren die Aufgaben, die Klehr übertragen wurden. Anfang 1941 kam er im Rang eines SS-Unterscharführers nach Auschwitz und arbeitete dort gleichfalls als SDG im Häftlingsrevier. 1943 wurde Klehr Leiter des Desinfektionskommandos von Auschwitz, dessen Aufgabe neben der »Entwesung« von Unterkünften und Kleidungsstücken auch die Ermordung von Menschen mit Zyklon B war. Auch im Nebenlager Gleiwitz war Klehr vorübergehend tätig. Bei derEvakuierung von Auschwitz bewachte er einen Häftlingstransport ins
Konzentrationslager
Groß-Rosen, in Niederschlesien gelegen. Von dort aus wurde Klehr zu einer SS-Kampfeinheit kommandiert und von den Amerikanern Anfang Mai 1945 auf österreichischen Gebiet gefangen genommen. Bis März 1948 war Klehr in Kriegsgefangenschaft, zog nach seiner Freilassung zu seiner Familie nach Braunschweig und arbeitete in seinem Tischlerberuf. Im September 1960 hatte die Frankfurter Staatsanwaltschaft den Aufenthaltsort Klehrs ermittelt und der bereits im April desselben Jahres erlassene Haftbefehl konnte vollstreckt werden. 28 Jahre saß Klehr ein. Als der hochbetagte Strafgefangene Anfang 1988 wegen Vollzugsuntauglichkeit entlassen wurde, lebte er noch sieben Monate in Freiheit.