31. Juli 1910, Lwów/PL – 1978
Persönlicher Werdegang:
Sohn eines Kellners; Besuch der deutschen Volksschule und des deutschen Gymnasiums in Lwów bis zur Reifeprüfung 1931; Studium der Rechtswissenschaft in Lwów bis 1936; am 1. September 1939 von der polnischen Polizei verhaftet; am 9. September 1939 von der deutschen Wehrmacht befreit; nach 1945 zunächst in us-amerikanischer, später in französischer Kriegsgefangenschaft; im Dezember 1946 an Polen ausgeliefert. Vom Obersten Nationalgerichtshof der Volksrepublik Polen mit Urteil vom 22. Dezember 1947 im Krakauer-Prozeß gegen Liebehenschel u. a. zum Tode verurteilt; 1948 wurde die Strafe in lebenslange Haft umgewandelt; am 18. Januar 1959 in die BRD entlassen; in der BRD Weiterbildung zum Buchhalter.
Funktionen während des NS-Regimes:
Angehöriger der Waffen-SS seit dem 21. November 1939; im KZ Auschwitz zunächst als Schreiber, in der Bekleidungskammer, im Desinfektionskommando und zuletzt als Kammerwart in der Unterkunftskammer in Buna/Monowitz tätig; Angehöriger der SS-Mannschaft im KZ Auschwitz von Mai 1940 bis zur Evakuierung; letzter Dienstgrad: SS-Unterscharführer.
Zur Zeit der Verhandlung:
53 Jahre, ledig.
Untersuchungshaft vom 9. Juni 1961 bis zum 22. Juni 1961.
Arthur Breitwieser wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen.
Portrait
Arthur Breitwieser
(31. Juli 1910, Lemberg – 20. Dezember 1978, Bonn)
Im galizischen Lemberg in Polen geboren, machte der Sohn eines Kellners einen bemerkenswerten Lebensweg. 1931 bestand er das Abitur, absolvierte an der Universität Lemberg das Studium der Rechtswissenschaft und schloss 1938 mit dem »Magister Juris« ab. Nach dem Jurastudium fand Breitwieser, der als Student zwei Jahre lang der »Jungdeutschen Partei« angehört hatte, Anstellungen als Rechtsberater in Lemberg und Bromberg. Als Hitler-Deutschland die Republik Polen überfiel, wurde Breitweiser von der polnischen Polizei verhaftet, von den deutschen Eroberern aber alsbald befreit. Im deutsch besetzten Bromberg fand er wieder eine Anstellung, trat dem sogenannten »Selbstschutz« bei und wurde im November 1939 zur Waffen-SS eingezogen und nach Zwischenstationen in Warschau und Buchenwald im Mai 1940 nach Auschwitz versetzt.
Der Jurist Breitwieser machte Dienst in der Lagerverwaltung, zunächst in der Abt. Unterkunft. Doch Breitweiser war nicht nur administrativ tätig, er erlernte im Sommer 1941 bei einem von zwei Angestellten der Hamburger Vertriebsfirma Tesch & Stabenow in Auschwitz abgehaltenen Lehrgang den Umgang mit Zyklon B. Das Gas wurde zur »Entwesung« von Kleidung und zur Desinfektion von Unterkünften verwendet.
Die Arbeit mit dem Giftgas war Breitwiesers Gesundheit jedoch abträglich. Durchaus für anspruchsvollere Aufgaben geeignet, wurde ihm bald eine Leitungsfunktion in der Häftlingsbekleidungskammer-Verwaltung übertragen. Nach viereinhalb Jahren Dienst in Auschwitz begleitete Breitwieser einen Häftlingstransport Anfang 1945 ins Konzentrationslager Buchenwald.
Einer SS-Kampfeinheit zugeteilt, geriet er in amerikanische Gefangenschaft. Im Dezember 1946 wurde er an Polen ausgeliefert und im großen Krakauer Prozess gegen Arthur Liebehenschel und weitere 39 SS-Angehörige (24.11.1947–16.12.1947) – Männer und Frauen – vom Obersten Volksgerichtshof zum Tode verurteilt. Ein polnisches Gericht gab seinem Gnadengesuch aber statt und minderte Anfang 1948 die Strafe in lebenslange Haft. Nachdem Breitweiser elf Jahre in Polen verbüßt hatte, wurde er im Januar 1959 in die Bundesrepublik entlassen. Er fand Arbeit als Buchhalter im Betrieb seines Schwagers, wurde im Juni 1961 für zwei Wochen in Untersuchungshaft genommen und im August 1965 von Frankfurter Schwurgericht aus Mangel an Beweisen freigesprochen.