Anna Palarczyk

Palarczyk GS 095

Anna Palarczyk (geb. Szyller), 1918 in Krakau (heute Polen) geboren, wurde wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Untergrundorganisation im Juni 1942 in ihrer Heimatstadt von der Gestapo verhaftet und im August 1942 ins Frauenkonzentrationslager in Birkenau (BIa) verbracht. Als Häftling Nummer 17.524 wurde sie registriert. Palarczyk wurde von der SS als sogenannte Blockschreiberin und später als Blockälteste eingesetzt. Im Januar 1945 ging Palarczyk zusammen mit den Häftlingen des Lagers auf den Todesmarsch. In Loslau/Wodzislaw Slaski, rund 60 Kilometer westlich von Auschwitz gelegen, wurde Palarczyk in einen offenen Güterwagen verladen.
Zur Zeit ihrer Vernehmung im Oktober 1964 war die Zeugin Anna Palarczyk 46 Jahre alt und arbeitete als Archivarin in Krakau/Polen.

Hörbeispiel:

Zeugin Anna Palarczyk:
Wiec w ambulatorium to widzialam szereg razy calkiem male noworodki zawiniete w lignine, które tak lezaly, dopóki nie umarly. Viele Male.
Dolmetscherin Kapkajew:
Im Ambulatorium habe ich viele Male ganz kleine, also neugeborene Kinder, gesehen, die in Lignin [d.i. ein makromolekularer Naturstoff, der durch Einlagerung in die Zellmembran die Verholzung von Pflanzenzellen bewirkt] eingewickelt dort lagen, bis sie gestorben sind.
Zeugin Anna Palarczyk:
Tak, to widzialam na wlasne oczy.
Dolmetscherin Kapkajew:
Das habe ich mit meinen eigenen Augen gesehen.
[...]
Zeugin Anna Palarczyk:
Wiadomo bylo w 42 roku, jezeli kobieta byla w ciazy, nie wracala juz z rewiru nigdy: ani ona, ani dzieci.
Dolmetscherin Kapkajew:
Es war ja bekannt im Jahre 1942, dass eine Frau, die ein Kind erwartete, dass weder sie noch ein Kind lebend aus dem Revier zurückgekommen ist.
(100./101. Verhandlungstag, 15./16.10.1964)

Erläuterung:

In Auschwitz wurde im März 1942 zunächst im sogenannten Stammlager (Auschwitz I) in den Blöcken 1 bis 10 ein Frauenkonzentrationslager eingerichtet. Das Frauenlager war mit einer Mauer vom Männerlager getrennt. Im August 1942 wurden alle Häftlingsfrauen in das Lager Birkenau, das seit Oktober 1941 bestand, verlegt; zunächst in den Lagerabschnitt BIa, ab Juli 1943 gehörte auch der Lagerabschnitt BIb zum Frauenlager. Das Frauenlager hatte einen Häftlingskrankenbau, auch Revier genannt, in dem kranke Häftlingsfrauen mit den vollkommen unzureichenden Möglichkeiten, die die SS zur Verfügung stellte, behandelt wurden. Frauen, bei denen die SS-Aufseherinnen eine Schwangerschaft feststellten, fielen häufig Selektionen zum Opfer. Sie wurden aussortiert und ermordet. Gebar eine Frau heimlich ein Kind, wurde regelmäßig das Neugeborene nach seiner Entdeckung durch die SS getötet. Oftmals geschah es auch, dass die Mutter mit dem Neugeborenen zusammen getötet wurde.

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